So verblüffend einfach hier alles aufzugehen scheint und der Zustand nach dem Tode dann gar kein Problem mehr ist, so wenig will uns diese Lösung befriedigen. Wir möchten trotz allem
mit dem Liede singen: „Was die lange Todesnacht mir auch für Gedanken macht ...“ Sie macht uns eben Gedanken: Sind unsere Toten allein in dieser Nacht, oder sind sie in der Herrlichkeit?
Als einer meiner liebsten Studenten im Krieg fiel, hörte ich seinen Vater beten: „Wenn es möglich ist, so grüße ihn.“
Ich habe dieses Gebet nicht vergessen. In ihm war in aller Kindlichkeit, ganz ohne Neugier und in innigem Glauben die Frage enthalten, wo der Vater seinen Jungen suchen solle.
Immer ist es der eine Trostgedanke, der ständig wiederkehrt: Die Treue Gottes, mit der er uns umfängt und an sich zieht, hört auf keinen Fall auf. Es gibt keinen Augenblick, auch nicht
in denen des Todes, in dem sie unterbrochen werden könnte. Unsere Unsterblichkeit liegt also nicht in uns selbst. Sie besteht nicht in der Unzerstörbarkeit eines Seelenfunkens, dem Tod und Verwesung nichts anhaben
könnten - das alles wären nur Träume, durch die wir die harte Wirklichkeit des Todes verdrängten - sondern unsere Unsterblichkeit und unsere Immunität, unsere Unverletzlichkeit gegenüber dem letzten Feind
besteht nur in dieser Treue, die uns nicht fallen lässt. Was wir im Glauben schon jetzt erfahren und geschenkt bekommen – diese Gemeinschaft mit Gott - bleibt auch unser Erbteil, wenn die Todesnacht
kommt.
Gott bleibt uns treu. Seine Hand reckt sich auch in diesen Abgrund. Und zwischen mir und jeder
Finsternis wird Jesus Christus stehen.
(Helmut Thielicke)
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